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Die Reporter-Reflex: Nikon F2 (Teil 1)



Mit der zweiten Kamera der F-Reihe schaffte Nikon den weltweiten Durchbruch. Die Nikon F2 gilt heute als eine der besten mechanischen Kameras aller Zeiten.


Von der Nikon F zur F2


Die von 1959 bis 1974 produzierte Nikon F entwickelte sich in den USA nach und nach zu der Profikamera. Vor allem Bildberichterstatter wählten die modular aufgebaute japanische Spiegelreflexkamera wegen der guten Objektive und ihres umfangreichen Zubehörs einschließlich des seinerzeit professionellsten elektrischen Motorantriebs. Mit der Nikon F sei, so ist häufig zu lesen, der Vietnam-Krieg photographiert worden. Davon abgesehen, dass einige weltberühmte Fotos des Vietnam-Krieges auch mit Leicas gemacht wurden, war die Nikon F rein statistisch gesehen die bevorzugte Fotomaschine der Reporter in dem südost-asiatischen Land. Wegen ihrer sprichwörtlichen Robustheit und Zuverlässigkeit erwarb sich die F den Ruf eines unverwüstlichen Schlachtrosses, das auch rüdeste Misshandlungen überstand. Wenn Sie jemals Gelegenheit haben sollten, eine F in den Händen halten zu können, werden Sie angesichts der schweren, ultrarobusten Bauweise dieser Kamera sofort erkennen, dass in den F-Mythen eine gehörige Portion Wahrheit steckt. Meine eigene F, die übrigens, anders als von mir im Blog-Beitrag „Nikon F – Lebendige Legende“ behauptet, im Jahr 1967 gebaut wurde, ist ein Meisterstück der Feinmechanik und funktioniert, obschon hochbetagt, noch immer einwandfrei.

Anstatt sich auf dem erworbenen Lorbeer auszuruhen, begannen die Nikon-Ingenieure schon in den späten 1960er-Jahren einen Nachfolger für ihren Star zu entwickeln. Denn bei sehr viel Licht gab es auch einige Schattenseiten bei der F, die Profi- und Amateurphotographen zurecht bemängelten:


Der Motor F36 beispielsweise ließ sich nicht einfach an die Kamera ansetzen, sondern musste in einer von Nikon autorisierten Servicewerkstatt angepasst werden – anderenfalls bestand die Gefahr, den Filmtransport-Mechanismus schwer zu beschädigen. Es ist deswegen bis heute unbedingt abzuraten, sich einen separaten F36-Motor aus der „großen Bucht zu fischen“ oder sonst wo zu erwerben: Ihre bisher einwandfrei arbeitende F könnte von dem unpassenden Motor ganz schnell in den Ruhestand gerattert werden.

Ungünstig war und ist auch der Verlust einer Aufnahme bei Arretierung des Spiegels, ebenfalls nicht noch Geschmack der normalerweise zweihändigen F-Photographen ist die nicht angelenkte Rückwand. Beim Filmwechsel ist die Rückwand der F komplett abzuziehen und in der dritten Hand, die in solchen Momenten immer besonders vermisst wird, zu halten.

Schließlich waren auch die klobigen Photomic-Sucher nicht eben attraktiv für potentielle Neueinsteiger in das Nikon F-System. Ende der 1960er-Jahre wurden zumindest die Spiegelreflexkameras aus japanischer Produktion langsam eleganter und kompakter. Auch Nikons erfolgreiche semiprofessionellen Kameras der Nikkormat-Reihe haben wegen des kleineren, fest eingebauten Prismensuchers in den Augen einiger Photographen ein gefälligeres Äußeres.


Bei der Nippon Kokagu K. K. wurden die Wünsche der Photographen, vorzugsweise die der Berufslichtbildner, jedenfalls ernst genommen und im September 1971 war es dann soweit: Die Nikon F2 wurde offiziell vorgestellt. Die neue Profi-Nikon war wie die F eine modular aufgebaute Systemkamera mit auswechselbaren Suchern und Einstellscheiben, sie hatte selbstverständlich ebenfalls einen Motoranschluss, die vorhandenen Objektive passten wegen des beibehaltenen F-Bajonetts allesamt, das F-Zubehör war teilweise kompatibel.


Evolution und Innovation: Die zweite F


Bei wichtigen Ausstattungsmerkmalen und einigen eher kosmetischen, dennoch wesentlichen Details unterschied sich die Neue klar von der kantigen alten Dame F: Das Gehäuse bekam abgerundete Ecken, was der F2 zu mehr Eleganz verhalf, die Kamera liegt damit aber tatsächlich ein wenig besser in den Händen als die F. Dank eines neuen 120 Grad-Schnellschalthebels mit daumenfreundlichem Kunststoff-Griffstück, der außerdem in 20 Grad-Bereitschaftsstellung den Belichtungsmesser der neuen Photomics – dazu später mehr – einschaltet und des zur vorderen Gehäusekante versetzen Auslösers ist die F2 spürbar angenehmer zu bedienen als die F. Wie bei der F auch, hat der Auslöser kein Drahtauslöser-Schraubgewinde und einen ähnlichen drehbaren Kragen. Dieser dient indes nicht wie bei der F zur Freigabe der Filmtransportwalze, um den Film in Stellung „R“ zurückspulen zu können, sondern zur Auslöser-Verriegelung – Stellung „L“ („Lock“) - oder für extrem lange Belichtungszeiten in Stellung „T“, das für „Time“ und „Zeitaufnahmen“ steht. Diese eigenwillige, heute ausgestorbene Funktion ermöglicht Langzeitbelichtungen, wenn mal wieder der Drahtauslöser mit Leica-Glocke zu Hause unterm Bett liegt: Das Verschlusszeitenrad der F2 ist auf „B“ zu stellen, der Auslöserkragen auf „T“. Der Verschluss öffnet sich mit einem Druck auf den Auslöser, ein Zurückstellen des Kragens in die Mittelstellung zwischen „L“ und „T“ schließt den Verschluss. In Verbindung mit der jetzt ohne Aufnahmeverlust jederzeit möglichen Spiegelarretierung gestattet so einigermaßen verwacklungsfreie Aufnahme. Dass mit der T-Funktion ein Drahtauslöser nicht ersetzt werden kann, sei rein vorsorglich ergänzend hinzugefügt.

Die Spiegelarretierung geschieht bei der F2 folgendermaßen: Zunächst ist der Abblendknopf zu drücken, hernach ist der um den Knopf angeordnete Hebel nach unten, Richtung Kameraboden zu schwenken. Sobald sich die beiden weißen Indexmarkierungen gegenüber stehen, ist der Spiegel ganz hochgeklappt. Für einige Objektive, namentlich die Fish Eyes 1:5,6/6 mm und OP 1:5,6/10 mm ist die Spiegelarretierung zwingend erforderlich, anderenfalls beschädigen diese Objektive, die beide zu weit in den Spiegelkasten hineinreichen, den Kameraspiegel. Außerdem muss der Spiegel gegebenenfalls im Zusammenspiel mit den dezidierten F2-Motoren MD-1 und MD-2 hochgeklappt sein. Der motorisierten F2 kommen wir bald, vorher verdient der Verschluss der F2 einige Anmerkungen.

Die F2 ist wie die F eine rein mechanische Kamera und benötigt nur für die Belichtungsmessung Batterien, die , anders als bei der F, direkt ins Gehäuse und nicht mehr in die Photomics eingesetzt werden. Zudem verwendet die F2 auch heute noch gängige Knopfzellen des Typs LR 44, die es in jedem Supermarkt gibt (zur Batterie-Problematik der Nikon F siehe den Blog-Beitrag „Nikon F: Lebendige Legende“)

Von den Profi-Nikons F und der weniger bekannten SP – Nikons in den USA recht erfolgreiche Spitzen-Messsucherkamera – hatten die F2-Entwickler den Titanverschluss übernommen. Ein extrem widerstandsfähiges, horizontal ablaufendes Verschlussrolle aus hauchdünner Titanfolie garantierte bei der F2-Mutter und -Großmutter den zuverlässigen Einsatz unter extremen klimatischen Bedingungen. Außerdem bestand, im Gegensatz zu den gängigen Gummituch-Schlitzverschlüssen der Mitbewerber, keine Gefahr, dass die Objektive sich als Brenngläser erweisen und kleine Löcher in den Verschlussvorhang brennen. Ein durchaus hin und wieder auftretender Schaden bei den Leicas, wenn deren Benutzer die Kamera ungeschützt der prallen Sonne ausgeliefert haben.

Der F2-Verschluss baut auf der in SP und F bewährten Konstruktion auf, allerdings konnten die Entwickler sein Gewicht reduzieren, was in einem schnelleren Verschlussablauf resultiert: Gerade mal 10 Millisekunden benötigt der Titanverschluss der F2. Deswegen verfügt sie als erste Nikon überhaupt über eine kürzeste Verschlusszeit von einer 1/2000 Sekunde. Auch die Blitzsynchronzeit konnte damit von 1/60 auf eine 1/80 Sekunde gesteigert werden. Aus heutiger Sicht ist das wenig spektakulär, für die damalige Zeit war das aber durchaus Spitzentechnologie. Wenngleich die Nikon F2 insoweit einige Konkurrentinnen hatte, die zumindest von den Leistungsdaten her gleichauf, wenn nicht sogar überlegen waren: Die Pentacon Super des VEB Pentacon Dresden bot beispielsweise schon 1968 die schnelle 1/2000 Sekunde, Minolta konstruierte mit der V3 bereits 1960 eine höchst eigenwillige Messsucherkamera mit Zentralverschluss, der bei den Blenden 8, 11, 16 oder 22 eine sensationelle 1/3000 Sekunde schnell war.

Fast wichtiger als die 1/2000 Sekunde ist die Möglichkeit, die Verschlusszeit zwischen 1/80 und 1/2000 Sekunde stufenlos einstellen zu können. Das ist praktisch, um bei der manuellen Nachführmessung über einen der messenden Photomic-Prismensucher eine Feineinstellung der Belichtung bei fester Blende vornehmen zu können. Auch wenn ein mechanisch gesteuerter Schlitzverschluss in puncto Genauigkeit jedem quarzgesteuerten Verschluss unterlegen ist, lässt sich diese Funktion beim Photographieren auch im kritischen Bereich ab einer 1/500 Sekunde aufwärts nach meiner praktischen Erfahrung sehr gewinnbringend nutzen. Meine eigene F2, die jedenfalls zur Verschluss-Wartung seit Jahrzehnten in keiner Servicewerkstatt mehr wahr, belichtet bis heute auch Dia-Filme zuverlässig.

Eine Verschlusszeiten-Erweiterung offeriert der neugestaltete Selbstauslöser der F2: Wie schon bei der F hat er seinen eigenen kleinen Auslöser, in Verbindung mit der schon erwähnten „T“-Einstellung des Auslösers und dem Verschlusszeiten-Knopf in „B“-Stellung lassen sich Langzeitbelichtungen zwischen zwei und zehn Sekunden vornehmen. Das funktioniert richtig gut und erfreut alle Menschen mit einer gewissen Neigung zu hochpräziser Feinmechanik Denn der F2-Verschluss läuft dermaßen ruhig und mit minimalster Erschütterung ab, dass sich dem Kennerohr offenbart: Bei der Konstruktion, Materialwahl und Fertigung wurde höchste Aufmerksamkeit auf Präzision und langzeitstabile Qualität gelegt.

Das heißt aber nicht, dass die F2 eine „diskrete“ Kamera wäre. Sie ist hörbar lauter als die F und auch die späteren mechanischen Modelle FM, FM2 und FM3 knallen weitaus weniger autoritär. Sie dürfen sich also der Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen gewiss sein, sollten Sie mit einer F2 in einigermaßen ruhiger Umgebung photographieren. Dass eine Spiegelreflexkamera wegen des Schwingspiegel- und des Springblenden-Mechanismus nie die oft beschworene Leica-Diskretion haben kann, ist klar. Die F2 scheint nur beim Auslösen klar machen zu wollen: „Aufgepasst Leute! Hier mache ich die entscheidenden Bilder!“


Die motorisierte F2


Richtig laut wird die F2 mit angesetztem Motor und lange Zeit, bis zum Erscheinen der F4 im Jahre 1988, war der Sound der motorisierten Profi-Nikons die Begleitmusik jeder Pressekonferenz. Sehen Sie sich einfach einmal alte „Tagesschau“-Folgen an: Das markante Heulen der Nikon-Motoren als Klangteppich bei essentiellen Verlautbarungen von Volksvertretern vor laufender Kamera schafft schon eine eigene Atmosphäre. Dennoch waren die F2-Motoren MD-1 von 1971 und sein kurz danach vorgestellter verbesserter Nachfolger MD-2 die fortschrittlichsten Motor-Antriebe ihrer Zeit und hielten diese Spitzenposition bis zum Erscheinen der Nikon F3 und ihres High Tech-Motors MD-4 im Jahre 1980. Bei hochgeklapptem Spiegel können MD-1 und MD-2 den Film mit rasanten fünf Bildern pro Sekunde durchziehen, doch auch mit Schwingspiegel-Mechanismus sind immer noch sehr flotte 4,3 Bilder pro Sekunde drin – eine Verschlusszeit schneller als 1/125 Sekunde vorausgesetzt. Hinzu kommt, dass MD-1 und MD-2 auch ein motorisches Zurückspulen des Films gestatten. In nur sieben Sekunden ist der Film in die Patrone zurückbefördert, das kurbellose Rückspulen macht die motorisierte F2 also noch schneller. Für viele Pressephotographen waren die F2-Motoren das entscheidende Argument für die F2. Nikons Erzrivale Canon brachte ebenfalls 1971 mit seiner F1 zwar eine sehr, sehr ernst zu nehmende Mitbewerberin auf den Markt, hatte aber im Unterschied zu Nikon nur einen vergleichsweise langsamen und zudem unhandlichen Motor im Angebot.

MD-1 und MD-2 lassen sich an jede F2 ansetzen, es muss lediglich der sogenannte OC-Riegel, der die inzwischen seitlich angelenkte Kamerarückwand sicher verriegelt, entfernt werden. Dies geschieht am Besten mit einer Münze, der entfernte Sicherungsriegel lässt sich in den Handgriff von MD-1 und MD-2 eindrehen – eine sinnvolle Versicherung vor Verlust. Jetzt ist der Motor anschraubbar und koppelt mit dem Filmtransport der F2. Ist die Kamera „geladen“, befindet sich also ein Film in der F2, sollte der Motor – wenn überhaupt – nur in einer dunklen Ecke angepasst werden. Nach Abschrauben des OC-Riegels klafft nämlich ein Loch in der Bodenplatte, Lichteinfall ist programmiert. Sollten Sie mit einer gebrauchten F2 liebäugeln, achten Sie deswegen unbedingt auf das Vorhandensein des OC-Riegels. Der kann bei einer ehedem motorisierten und inzwischen vom Motor wieder getrennten F2 schon mal fehlen. Ohne den Riegel ist die Kamera praktisch unbrauchbar, ein gebrauchter OC-Riegel ist nicht eben einfach zu bekommen. Die Verkäufer lassen sich das kleine, so wichtige Teilchen folglich teuer bezahlen.

Der MD-2 unterscheidet sich vom MD-1 durch seinen runden Auslöserknopf, eine rote Kontroll-LED auf der Rückseite sowie eine Kontaktschiene für die Stopprückwand MF-3. Die ersetzte auf Wunsch die Standard-Rückwand der F2 und verhinderte, dass der Film bei der motorischen Rückspulung komplett in der Patrone verschwindet – sehr hilfreich beim Einspulen des belichteten Films in die Entwicklerdose. Mechanisch soll Nikon den MD-2 gegenüber dem MD-1 allerdings angeblich verschlimmbessert haben: Statt der Zahnräder aus Chromstahl im MD-1, sollen im MD-2 solche aus Kunststoff werkeln, um das Betriebsgeräusch zu dämpfen. Das führe aber, so ist es vereinzelt im Zwischennetz zu lesen, nach langjährigem Gebrauch zu irreparablen Defekten beim MD-2. .In der einschlägigen Nikon-Literatur wie den Büchern „Nikon Faszination“ und „Das Nikon Handbuch“ von Peter Braczko, dem „Nikon Kompendium“ von Rudolph Hillebrand/Hans-Joachim Hauschild (online komplett und kostenlos unter http://www.digitalb2.de/nikon/systemcd/ zu finden) oder dem „Nikon Handbuch“ von B. Moose Peterson ist dazu nichts zu lesen. Ich möchte trotzdem nicht ausschließen, dass diese meinerseits nicht verifizierbaren Behauptungen zutreffend sein könnten und habe den angeblichen MD-2-Makel deswegen erwähnt.

Die Motoren MD-1 und MD-2 benötigen eine zusätzliche Spannungsquelle, die meistens von den Batterieteilen MB-1 und MB-2, welche unter die Motorantriebe zu schrauben sind, bereitgestellt werden. Das MB-1 ließ sich auch mit zwei Nickel-Cadmium-Akkus, MN-1 genannt, als Alternative zu den zehn Mignonzellen bestücken. Höchstgeschwindigkeit ist nur mit den Akkus erzielbar. Dass diese schon seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellt werden und gebrauchte im funktionstüchtigen Zustand so gut wie gar nicht zu bekommen sind, wird niemanden überraschen. Teil der Batterieteile – das MB-1 gehörte standardmäßig zum Lieferumfang von MD-1 und MD-2 – sind gehören die Batteriemagazine MS-1 und MS-2. Solange die pfleglich behandelt wurden, gibt es keine Probleme. Sollten ein Magazin aber beschädigt sein, ist es sehr, sehr schwer, Ersatz zu bekommen. Meistens sind nur komplette Motor-Einheiten auf dem Gebrauchtmarkt zu bekommen. Ein einwandfreier MD-1 oder MD-2 kann gut und gerne 500 € kosten. Eine F2 im – sehr seltenen – Zustand A-, also mit allenfalls geringen Gebrauchsspuren ruft in etwa den gleichen Preis auf. Ob Ihnen eine F2 Kamera-Motoreinheit, die sehr groß ist und mit fast zwei Kilo Kampfgewicht heftig im Nacken zieht, rund 1.000 € wert ist, müssen Sie selbst entscheiden. Ich würde zu meiner F2 keinen Motor mehr anschaffen und stattdessen lieber in Objektive oder Sucherzubehör investieren.

Mit dem Modell MD-3 gab es später auch einen kostengünstigeren Motor, den MD-3. Der war langsamer als MD-1 und MD-2 und hatte auch keine motorische Filmrückspulung zu bieten. Dafür ist er direkt an die F2 anschraubbar, ohne dass der OC-Riegel entfernt werden müsste. Auch der MD-3 stellt ein Präzisions-Gerät dar und dürfte, einen pfleglichen Umgang vorausgesetzt, wie seine großen Brüder auch heute noch einwandfrei seinen Dienst versehen. Während MD-1 und MD-2 seinerzeit etwa 1.200 D-Mark kosteten, gab es den MD-3 schon für die Hälfte. Für ein Gebrauchtgerät ergibt sich heute ein angemessener Preis von circa 250 € - selbstverständlich nur in Bestzustand. Ich selbst würde allerdings auch keinen MD-3 kaufen. Für mich hat sich der einstige Nutzen des motorischen Filmtransports längst überlebt.


Namensgebung, Produktionsjahr-Bestimmung und Gebrauchtpreise


Nach diesem unvermeidbaren Exkurs zu den F2-Motoren wollen wir uns die Kamera noch näher ansehen. Zunächst gilt es, die Namensverwirrnis, die mit der F2 einher geht, zu entwirren. Das Kameragehäuse ohne Sucher heißt F2 und blieb im Laufe der Produktionszeit weitgehend unverändert. Mit dem einfachen Prismensucher ohne integrierten Belichtungsmesser nennt sich die Kamera F2 Eyelevel. Solche Modelle sind – das gilt übrigens auch für die F – vergleichsweise selten und, obschon von geringerem Gebrauchswert, teurer. Mit dem ersten messenden Prismensucher Photomic lautet die Bezeichnung F2 Photomic. Der zweite Photomic-Sucher hat statt der Nadelanzeige LEDs für den Messabgleich, die Kamera heißt nunmehr F2S Photomic. Begegnet Ihnen eine Nikon F2 AS Photomic, haben Sie lediglich die Gewähr, dass die F2 mit dem modernsten Photomic-Sucher ausgestattet ist. Es kann sich gleichwohl um eine Kamera aus dem ersten Produktionsjahr handeln. Umgekehrt geht das auch: Meine schwarze F2 wurde relativ spät, 1979 gebaut, der Photomic stammt aber noch aus den frühen Jahren vor Einführung des AI-System 1977 (siehe hierzu näher den Blog-Beitrag „Nikkor-Faszination“). Meine F2 ist also beileibe nicht so alt, wie ihre Bezeichnung, „Nikon F2 Photomic“ vermuten ließe. Merken Sie sich also: Nicht das Kameragehäuse, sondern das aufgesetzte Suchersystem ist für den Verkehrs-Namen entscheidend.


Wie lässt sich aber das Produktionsjahr einer F2 bestimmen? Dazu gibt - das gilt übrigens auch für die F – die in die Deckkappe neben der Typenbezeichnung eingravierte Seriennummer Auskunft: Anhand der ersten beiden Ziffern lässt sich das Herstellungsjahr eingrenzen. Meine F2 hat die Seriennummer 7939012, müsste also 1979 hergestellt sein. Ganz so einfach ist es aber doch nicht. Es kommt durchaus vor, dass eine F oder F2 ein bis zwei Jahre älter ist. Meine F beispielsweise hat zwar „68“ als Anfangsziffern der Seriennummer, ist aber dennoch Baujahr 1967. Tatsächlich bedarf es für eine präzisere Bestimmung des Produktionsjahres der ersten drei Ziffern der Seriennummer eines F- oder F2-Gehäuses. Glücklicherweise müssen weder Sie noch ich umfangreiche Recherchen zur Altersbestimmung der Kameras machen. Das hat uns nämlich längst der Nikon-Sammler und Experte für Nikon F- und F2-Modelle Richard de Stoutz abgenommen. Auf seiner sehr sachlichen und informativen Websites können Sie sich anhand der Tabellen orientieren. Die Übersichtstabelle zur F2 finden Sie mit diesem Link: http://www.destoutz.ch/typ_production_data_f2.html . Hiernach ist meine F2 also im vorletzten Produktionsjahr, zwischen März und Juni 1979 hergestellt worden. Es handelt sich also um eine vergleichsweise späte F2 – die letzten Modelle stellt Nikon im Januar 1980 her. Wenn Sie sich Richard de Stoutz Tabelle ansehen, werden Sie erkennen, dass die Ziffern „80“ keineswegs für eine F aus dem letzten Produktionsjahr stehen müssen. Es gibt sogar Kameras Baujahr 1978, die ein „Acht-Nuller“-Seriennummer haben.


Das Alter einer F2 sagt selbstverständlich nicht notwendig etwas über ihren Gebrauchswert aus. Es kann sogar sein, dass die abgewetzte und verbeulte F2 eines Pressephotographen wegen regelmäßiger Wartung einwandfrei funktioniert, während eine äußerlich neuwertige Kamera, welche die letzten 25 Jahre ungeschützt auf dem Dachboden vor sich hindämmerte, gründlich überholt werden muss. Obwohl die F2 äußerst robust gebaut ist und sich mit dem 840 Gramm schweren Metallgehäuse vermutlich wirklich Nägel in die Wand schlagen lassen, können Verschluss- und Filmtransportmechanismus im Laufe ihres langen Lebens gelitten haben. Deswegen empfiehlt sich grundsätzlich der Gebrauchtkauf über den seriösen Foto-Fachhandel oder – weil ich keinen besseren und zuverlässigen Online-Shop kenne – über http://nikonclassics-michalke.de/. Inhaber Nobert Michalke, selbst Berufsphotograph und Nikon-Kenner, verkauft nur sorgfältige geprüfte und gewartete Einzelstücke. Ich bin selbst überzeugter und treuer Kunde, der selbstverständlich keine Provision für diese Empfehlung bekommt.

Eine F2 hat übrigens eine typische Altersschwäche, von der fast alle älteren Spiegelreflexkameras betroffen sind: Die Lichtdichtungen und der Spiegeldämpfer, jeweils aus einer Art Moosgummi bestehend, werden mit der Zeit porös und können sich unter normalen Umweltbedingungen nach zehn bis 15 Jahren einfach auflösen. Das ist unerfreulich und macht eine betroffene Kamera schlimmstenfalls unbrauchbar. Da aber auch DSLRs von diesem Altersleiden betroffen sein können, sind die Servicewerkstätten auf eine Erneuerung der Dichtungen und des Spiegeldämpfers eingestellt. Passionierte Bastler können sich auch selbst an die Operation wagen. Es gibt komplette Reparatur-Kits für vergleichsweise wenig Geld zu kaufen. Eine gute Einbau-Anleitung für den Spiegeldämpfer gibt es hier: http://www.kyphoto.com/classics/seal/Mirror_Damper_Ger.pdf. Ich selbst traue mir so etwas nicht zu und würde die Dienste einer Fachwerkstatt in Anspruch nehmen. Meine F 2 bekam bereits neue Dichtungen und Spiegeldämpfer. Wenngleich die Rückwand seitdem etwas zickig ist und nach beherztem Daumen-Nachdruck beim Schließen verlangt, ist die Kamera lichtdicht.


Was kostet eine gebrauchte F2 in voll funktionsfähigem Zustand? Grundsätzlich bestimmen Alter der Kamera und des Photomic-Suchers den Preis. Kameras mit dem allerersten Photomic DP-1 in gutem Zustand werden meistens zu Preisen von etwa 230 bis knapp 300 € angeboten. F2-Gehäuse in Topzustand mit dem letzten Photomic DP-12 können bis zu 500 € und noch mehr aufrufen. Für eine F2 in praktisch neuwertigem Zustand, egal ob in „Profi-Schwarz“ oder silbern verchromt, bezahlen Nikon-Sammler auch mal 1.000 bis 1.500 €, denn solche F2 sind selten. Die F2 war eine teure Kamera und kostete zu Beginn etwa 1.200 D-Mark, in den letzten Produktionsjahren mussten Photographen rund 1.500 D-Mark bezahlen. Mehrheitlich fand sich die Profi-Nikon deswegen auch in den Fototaschen der Berufsphotographen und weniger in denen der Amateure. Die fanden in den den Nikkormat-Modellen und den Kompakt-SLRs der FM/FE-Reihe bezahlbare Alternativen – aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Da es inzwischen sehr teure Digitalkameras gibt, die sich in limitierten Sondereditionen künstlich gealtert präsentieren, finden schwarze F2s mit starkem Lackabrieb, die den Blick auf das blanke Messing von Deckkappe und Bodenplatte gestatten, vermutlich mehr Liebhaber und Käufer als noch vor einigen Jahren. Wir wollen hoffen, dass deswegen die Gebrauchtpreise nicht in nicht tolerable Höhen schnellen.


An dieser Stelle endet Teil 1 meiner Festschrift zur Reporter-Reflex Nikon F2. Der zweite Teil befasst sich mit dem umfangreichen Sucherzubehör und einigen Zubehör-Exoten der Kamera.

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